Die Angst vor dem Virus treibt sonderbare Blüten: Hamsterkäufe, irrationale Preise für Hygieneartikel auf Versteigerungsportalen, in Köln wird die 112 gewählt, weil Klopapier im lokalen Supermarkt nicht mehr vorrätig ist… Werden sich die Deutschen nach anfänglicher Panik ein verändertes Einkaufsverhalten angewöhnen? Inwiefern treibt die Krise den digitalen Handel voran?
Deutschlands e-Commerce Stiefkind eFood boomt
In Zeiten, in denen soziale Kontakte gemieden werden sollen, entscheiden sich selbst Digitalgegner gegen den stationären Einkauf und für den für sich sichereren Online-Einkauf. „Die Unsicherheiten bezüglich des neuartigen Coronavirus bricht das gewohnheitsmäßige Einkaufsverhalten in großem Maße auf und setzt den Online-Lebensmittelhandel für viele Konsument*innen in attraktiveres, neues Licht“, so Dr. Eva Stüber, Mitglied der Geschäftsleitung am IFH Köln.
Rewe, einer der größten deutschen Online-Supermärkte, bestätigte ein erhöhtes Bestellaufkommen und langfristig ausgebuchte Lieferfenster in Großstädten wie Berlin.
Eine aktuelle Lebensmittel-Studie des IFH belegt, dass auch vor Corona-Zeiten 52 Prozent der Online-Lebensmittelkäufer im Vergleich zu den vergangenen ein bis zwei Jahren ihre Lebensmittel häufiger online einkaufen.
Dabei hatten es Onlineanbieter für frische Lebensmittel in der Vergangenheit schwer und Start-Ups wie AllyouneedFresh und Gourmondo mussten ihren Dienst wieder einstellen. Der Marktanteil für eFood konnte die Zwei-Prozent-Marke noch nicht knacken. Doch das könnte sich in Zukunft bald ändern. Die Beratungsfirma Oliver Wyman schätzt, dass sich der Onlineumsatz mit Lebensmitteln in Deutschland bis 2030 mindestens verfünffachen werde.
Aus Anfängen werden Gewohnheiten
Während Lebensmittel online bisher meist von digital-affinen Zielgruppen genutzt wurden und Convenience das Hauptargument für den Online-Einkauf war, entscheiden sich immer mehr gegen den stationären Einkauf aus Sicherheitsgründen. Gerade für ältere Menschen könnte die neue Erfahrung des Online-Einkaufs schnell zur Gewohnheit werden.
Die SARS-Krise in China zwang den Inhaber der JD-Ladenkette sich schon 2002/2003 seinen Fokus auf den Onlinehandel zu lenken. Für ihn wurde die Krise zur Chance. Er profitierte langfristig von der Epidemie und steht heute noch auf den ersten Plätzen im e-Commerce.
Umsatzrückgang durch Corona trifft auch e-Commerce
Auch wenn auf den ersten Blick der Onlinehandel als Branche zu den Gewinnern der Krise zählt, so hat eine Umfrage des bevhs unter 135 Onlinehändlern letzte Woche ergeben, dass fast alle Unternehmen jetzt schon mit Corona-Auswirkungen rechnen. 41 Prozent verzeichnen jetzt schon einen Rückgang der Nachfrage. Die in Krisenzeiten deutlich werdende Kaufzurückhaltung der Deutschen lässt die Konsumprognosen der Händler für die nächsten Monate sinken.
Gefahren für Händler
Noch gefährlicher als der Konsumrückgang sind drohende Probleme der Lieferkette. Lieferengpässe, insbesondere durch Corona in China verursacht, sehen mehr als die Hälfte der befragten Händler als realistisches Szenario für die nächsten Monate. Innerbetriebliche Probleme durch betroffene Mitarbeiter könnten zur Schließung einzelner Bereiche führen, so dass Unternehmen jetzt schon bemüht sind, die Logistikkette zu schützen und Abteilungen zu separieren.
Wer sich jetzt fragt, was man als einzelner Händler tun sollte, dem sei folgender Blog-Artikel empfohlen. Inwiefern die Branche Corona ganz im Sinne des chinesischen Wortes für Krise nutzen kann, nämlich nicht nur als Gefahr, sondern auch als Chance, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.