Wurde jahrelang über den fehlenden Breitbandausbau und Datenschutz diskutiert, über Home Office und die mangelnde Bereitschaft von Mitarbeitern, sich auf neue Arbeitsweisen einzulassen, mit einem Mal erfordert COVID-19 schnelle Entscheidungen. Und siehe da, eine Krise offenbart, was wirklich geht und was verschlafen worden ist.
Auf einmal werden Kundenbestellungen über WhatsApp entgegengenommen, ach so wichtige Papiere werden digitalisiert und Besprechungen via Videokonferenz gehalten. Was zeigt der Status Quo der Digitalisierung in Deutschland und was muss man wissen, um den durch Corona initiierten Schwung auszunutzen?
Wo steht der Mittelstand, Motor für Deutschlands Wirtschaft?
Bereits vor Corona-Zeiten belegte Deutschland die hinteren Plätze der Digitalisierungsskala im internationalen Vergleich. Im letzten Monitoring Bericht Wirtschaft Digital der Bundesregierung zählen 2018 nur 7% der Unternehmen in Deutschland zu den „digitalen Vorreitern“ und knapp ein Fünftel zu den „digitalen Anfängern“.
Laut Accenture sind in der Vergangenheit vier von fünf Digitalisierungsprojekte im Mittelstand abgebrochen worden, ohne Erfolg. Dabei verschließen deutsche Unternehmen nicht die Augen vor dem Megatrend. Über 80 Prozent der Mitarbeiter stehen der Digitalisierung prinzipiell positiv gegenüber. Insbesondere durch die aktuelle Situation werden viele Bedenkenträger stumm, wenn Kollaboration, Kundenberatung oder andere Prozesse auf einmal digital laufen müssen und es auch tun.
Wo steht der Handel in Bezug auf andere Branchen?
Während der Online Handel durch Corona einen wahren Boom erfährt, hatten schon vor der Krise insbesondere kleinere Handelsunternehmen ihre Schwierigkeiten, sich auf digitale Prozesse einzustellen. Personalisierte Kundenansprache, digitale Kassensysteme, kontaktloses Bezahlen seien zwar für sie bedeutungsvolle Themen, die Umsätze nach oben treiben, doch bei der Umsetzung hinke die Branche anderen in Sachen Digitalisierung hinterher.
Digitalisierung nimmt Fahrt auf – wie kannst du den Schwung nutzen?
Wie auch in anderen Branchen, machen dem Handel die Investitionskosten der digitalen Transformation zu schaffen. Kein Wunder, wenn dann trotz Pilotprojekte der durchschlagende Erfolg ausbleibt. Worauf solltest du also achten, damit Projekte nicht nach hinten losgehen?
- Digitalisierung ohne Technologie geht nicht
- Die Software ist nur so gut wie die Prozesse dahinter
- Jeder muss mitziehen
- Mit Quick Wins kannst du überzeugen
- Hab von Anfang an das große Ganze im Blick
1. Digitalisierung ohne Technologie geht nicht
Natürlich spielen die digitalen Technologien eine fundamentale Rolle im Veränderungsprozess. Unternehmen brauchen mehr Digitalkompetenz, insbesondere in der Führung, das ist das Fazit der Accenture-Studie. Doch das ist leichter gesagt als getan, wenn Fachkräfte Mangelware sind.
Nicht umsonst sieht Gartner „Demokratisierung“ als einen Top-Technologie-Trend 2020. Wenn es zu wenig ausgebildetes Personal gibt, dann muss die Technologie eben so konzipiert werden, dass sie auch ohne besondere IT-Kenntnisse benutzt werden kann. Dann müssen Mitarbeiter jeden Levels ohne lange Einarbeitung mit benutzerfreundlichen Oberflächen intuitiv arbeiten können. Dann sollen nicht nur Datenanalysten erfolgsentscheidende Schlüsse ziehen können, sondern jeder aus den vorhandenen Daten Analysen zu Insights bringen. Dann gewinnen Cloud-Lösungen an Attraktivität, wenn man sich um das ganze Beiwerk wie Wartung, Installation, Server & Co. keine Gedanken machen muss.
Schritt 1: Wenn dir IT-Kompetenz fehlt, dann setze auf Technologien, die im wahrsten Sinne des Wortes benutzerfreundlich sind.
2. Die Software ist nur so gut wie die Prozesse dahinter
Wenn du glaubst, dass eine neue Software schon alles regeln wird, dann täuschst du dich. Die erste Frage muss lauten: Welche Prozesse würden digital viel effizienter laufen und wie müssten sie dann aussehen?
Wenn du bezüglich deiner Produktdaten für jeden Vertriebskanal immer wieder neu Beschreibungen, Bilder und Daten liefern musst, ganz in dem Format wie Ebay, Amazon & Co. es möchten, dann verlierst du schnell den Überblick. Dann kann der Prozess einer aufwändigen Verwaltung und Abgleich von Excel-Listen ersetzt werden durch eine zentrale, digitale Datenhaltung in einem PIM, das automatisiert nur die richtigen Informationen an jeden Kanal weitergibt.
Schritt 2: Überlege dir zuerst, welche Prozesse du verbessern möchtest und wo digitale Prozesse eine effizientere Lösung schaffen.
3. Jeder muss mitziehen
Doch was, wenn durch ein Digitalisierungsprojekt aus einem funktionierenden Prozess mit 2 Blättern auf einmal 20 ausgedruckte Web-Oberflächen werden? Dann haben Anwender den neuen Prozess nicht akzeptiert und verharren in ihren gewohnten Verhaltensweisen, nämlich Checklisten auszudrucken und mit Stift abzuhaken.
Betroffene Mitarbeiter müssen von Anfang an in das Digitalisierungsprojekt einbezogen werden. Sie müssen einen Mehrwert erkennen, warum sie ihre Verhaltensweisen ändern sollen. Sie müssen den Nutzen für das Unternehmen verstehen und gehört werden.
Schritt 3: Versetze dich in die Lage deiner Mitarbeiter und versuche in ihrer Sprache zu erklären, wie die Veränderungen positiv ihre Arbeit beeinflussen werden.
4. Mit Quick Wins kannst du überzeugen
Auch wenn du dich bei der digitalen Transformation auf eine lange Reise begibst, deine Mitarbeiter, deine Förderer und dein Umfeld kannst du am besten mit kleinen Appetithappen überzeugen. Wo hast du die größten Erfolgschancen eines digitalen Projekts? Könntest du deine Verkaufsgespräche verbessern, indem dein Warenbestand egal auf welchem Gerät in Echtzeit zur Verfügung steht?
Vielleicht startest du mit einem MVP, also ein auf die Kernfunktionen beschränktes Produkt, mit dem du mit wenig Aufwand überprüfst, ob deine Ideen angenommen werden und funktionieren. Dann kannst du dein Shop-Projekt nicht gleich mit allen Features und der customised Lösung launchen, sondern erst einmal einen quasi Gratis-Shop via Shopify eröffnen.
Schritt 4: Starte lean, also mit einem kleinen, erfolgsversprechenden Schritt, der überzeugt.
5. Von Anfang an das Große im Blick behalten
Starte klein, aber think BIG. Häufig scheitern Digitalisierungsprojekte daran, dass es viele kleine Programme gibt, aber ohne das große Ganze im Blick, so die Studie von Accenture.
Dir sollte von Anfang an klar sein, dass die wahren Vorteile der Digitalisierung wie Personalisierung, automatisierte Prozesse und übergreifende Analysen, auf einem völligen Zusammenspiel von unterschiedlichsten Abteilungen und Systemen basieren. Wie kannst du später einen Flickenteppich an Projekte ohne immensen Integrationsaufwand zu einer einheitlichen Datenbasis verknüpfen?
Schritt 5: Entscheide dich für ein technologisches Fundament, das optimale Schnittstellen verfügt und Daten sowie Systeme ohne großen Aufwand integrieren kann.
Wer noch mehr Interesse hat, hier ein paar weiterführende Links:
https://www.industry-of-things...
https://www.golem.de/news/work...
https://www.cio.de/a/wie-das-vollstaendig-digitale-unternehmen-arbeitet,3574107