Das Konzept „Headless Commerce“ ist mittlerweile üblich in der Welt des eCommerce. Gemeint ist damit die Trennung des zum Kunden gewandten Frontends von der dahinter liegenden Datenverwaltung, dem Backend. Damit fungiert das Backend als Commerce Engine, die mithilfe von API-Schnittstellen mit dem Frontend verbunden ist. Dank der Trennung können Änderungen an einer Seite gemacht werden, ohne die andere Seite zu beeinflussen. Somit ist eine modulare Architektur deutlich schneller zu verändern als das Gegenteil, ein Monolith.
Insbesondere in den letzten Jahren hat sich gezeigt, wie wichtig es für Shop-Betreiber geworden ist, sich an neue Marktanforderungen und Kundenerwartungen anzupassen. Dazu gehören unter anderem neue Verkaufskanäle oder Devices, die zwar dieselben Produkte verkaufen, aber auf völlig unterschiedlichen Frontends. Gerade in einer Welt, in der jeder Retailer auf mehr als einem Kanal verkauft, werden solche Änderungen schnell kompliziert – mal eben die Beschreibung für ein Produkt zu ändern ist einfach, wenn man nur auf einem Kanal verkauft. Wenn diese Änderung aber für zwei, drei oder zehn verschiedene Kanäle einzeln gemacht werden muss, kostet das viel Zeit. Dabei wird immer relevanter, die eigenen Produkte auf neuen Kanälen verkaufen zu können. Und genau da setzt Headless Commerce an: Der große Vorteil einer Headless-Architektur ist ihre Flexibilität. Durch das Entkoppeln des Frontends von den Daten im Backend können Änderungen an allen eigenen und fremden Kanälen zugleich gemacht werden und dein Business kann viel schneller skalieren.
Verkaufen nicht nur große Unternehmen auf mehreren Kanälen?
In der Vergangenheit war es üblich, nur auf einem Kanal zu verkaufen, doch die Zeiten ändern sich: Der Anteil der online verkauften Produkte von Multichannel-Händlern ist in einem stetigen Aufwärtstrend in Deutschland – in den USA ist der Anteil von Multichannel-Sales schon auf fast 50% in 2023 prognostiziert. Marktplätze werden immer beliebter – und die Dominanz von Amazon ist auch nicht zu leugnen. Sein eigenes Produktangebot auf anderen Kanälen zu verkaufen, wird von einer Option zu einer Quasi-Notwendigkeit für diejenigen, die den eigenen Umsatz steigern wollen. Denn auch die Kunden sind mittlerweile auf verschiedenen Kanälen unterwegs: Recherche wird auf Google gemacht, Preise werden auf Amazon, Ebay, dem D2C-Shop des Herstellers oder auf einem Portal wie Idealo verglichen und der Kauf findet schlussendlich wieder wo anders statt. Für Verkäufer in Nischen mag es möglich sein, nur auf dem eigenen Kanal zu verkaufen, doch mit zunehmenden Möglichkeiten des Multichanneling wird auch die Konkurrenz diese Methode wahrnehmen. Schließlich bietet mittlerweile sogar Shopify Lösungen für den Multichannel Vertrieb an. Eine modulare Architektur ist maßgeblich dafür. Doch wie fängt man an? Ein Produktinformationssystem (PIM-System) ist der erste Schritt:
Ein PIM-System als Grundlage für Headless Commerce
Ob man einen neuen Shop aufbauen, einen neuen Kanal eröffnen oder die Architektur eines bestehenden Shops auf Headless Commerce umrüsten möchte – der erste Schritt sind die Produktdaten. sie müssen gesammelt und organisiert werden, damit sie dann in die verschiedenen Kanäle ausgespielt werden können. Diesen Schritt führt man am besten mit einem PIM System durch – denn die Alternative ist, die Daten für jeden Kanal einzeln zu pflegen, einzugeben und aktuell zu halten. Dieser Mehrfachaufwand steigt mit der Anzahl von Kanälen. Ein PIM-System hilft, die Produktdaten an einer zentralen Stelle zu verwalten. Ein Großteil der Daten bleibt gleich für alle Kanäle, nur einzelne Ausprägungen werden für jeden Kanal gesondert benötigt, die auch im PIM gespeichert werden können.
Die Headless-Architektur glänzt hier durch einen weiteren Vorteil. Als Shop-Betreiber ist man in der Lage, sich die Anwendungen herauszusuchen, die in ihrem jeweiligen Bereich die passendsten sind – „Best-of-Breed“. So kann man sich das PIM-System aussuchen, das die Anforderungen erfüllt, die für die eigene Situation am besten geeignet sind, zum Beispiel ein passender Daten-Import, der passende Konnektor und flexible Datenstrukturen oder eingebaute Analytics. Genauso kann man es zu einem späteren Zeitpunkt leicht ersetzen, wenn die Anforderungen nicht mehr genügen.
Der Nutzen eines PIM-Systems liegt auf der Hand. Jetzt stellt sich die Frage, ob man eine Lizenz kaufen sollte, um es auf den eigenen Servern zu installieren – oder ob ein SaaS-PIM die Lösung ist. Der große Vorteil von Headless Commerce ist die Flexibilität, daher ist SaaS die richtige Lösung, denn die Sorgen über Installation, Server, Instandhaltung oder Updates fallen komplett weg. Cloud Native Software erlaubt es, die Komplexitäten des Server-Managements und Probleme mit der Skalierbarkeit außen vor zu lassen und sich auf den Kern zu konzentrieren: Die Produktdaten – die Expertise, die man als Retailer am besten beherrscht. So kann man sich auf das Kerngeschäft konzentrieren, um das Einkaufserlebnis für den Kunden zu optimieren, damit sowohl die Conversion als auch die Kundenzufriedenheit maximiert werden kann.
Worauf sollte man bei der PIM-Software für Headless Commerce achten?
Es gibt viele verschiedene PIM-Softwares auf dem Markt und dementsprechend schwierig wird es, die richtige zu finden. Genauso gibt es auch viele verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Tipps und Fragen, die man sich bei der PIM-Auswahl stellen sollte, finden sich hier. Doch gerade beim Replatforming und der Migration zu einer Headless-Architektur sollte man folgende Aspekte prüfen:
Wenn dir der Kerngedanke von Headless wichtig ist, nämlich flexibel auf Marktanforderungen reagieren zu können und dein Business in puncto Skalierung anpassen zu können, dann wirst du die Flexibilität einer Cloud-Lösung schätzen. Du kannst direkt loslegen ohne Installation und Wartungs-Aufwand, entsprechend ohne eine Horde von IT-Experten. Und du kannst den Funktionsumfang sowie Server-Kapazitäten ganz nach deinen Bedürfnissen anpassen.
Damit du deine Systeme und Services auch wirklich flexibel zusammenstöpseln kannst, sind gute API-Schnittstellen essenziell. Bestehende Konnektoren zu weiteren Systemen helfen enorm. Prüfe also, wieviel Aufwand nötig ist, um deine Systeme zu verbinden und Datenaustausch zu ermöglichen. Gerade im Prozess des Replatforming willst du möglichst schnell wieder verkaufen können.
Aber nicht nur das Replatforming selbst sollte einfach durchzuführen sein – das Arbeiten mit der PIM-Software soll für jeden Anwender einfach sein. Wenn das Abändern von Produktinformationen mit viel Aufwand verbunden ist oder das Anlegen neuer Produkte kompliziert ist, ist es unwahrscheinlich, dass deine Mitarbeiter die neue Software sinnvoll nutzen.Schließlich soll die Software ja deine Arbeit erleichtern! Und das passiert, indem nervige Arbeiten wie Massenänderungen oder Datenprüfung, Daten auffinden und Zusammenhänge verstehen so effizient wie möglich geschehen. Wenn dein PIM durch vorgegebene Workflows das gemeinsame Arbeiten steuert, Informationen zu firmeneigenen Prozessen abspeichern kann und eCommerce-Strukturen abbildet, dann ist Know-how in Software gegossen und muss nicht jedem neuen Mitarbeiter neu beigebracht werden.
Zu Guter Letzt: Die PIM-Software sollte zukunftssicher sein. Wenn es jetzt schon klar ist, dass in Zukunft gewisse Verkaufskanäle dazukommen, sollte man eine Software aussuchen, die mit diesen Kanälen funktioniert. Dazu gehören Marktplätze, Social Media oder Drittanbieter.
Die Welt steht nicht still - Marktanforderungen und Verkaufskanäle sind morgen schon wieder anders! Informationen, die dann erwünscht sind, in welcher Form auch immer, müssen ohne großen Aufwand im PIM abrufbar sein. Die PIM-Software sollte in der Lage sein, die bestehenden Daten so anreichern, erweitern und ausspielen zu können, dass das Hinzufügen eines neuen Verkaufskanals kein sonderlicher Aufwand mehr wird.
Fassen wir zusammen:
- Eine cloudbasierte PIM-Software als SaaS passt sich am besten flexibel wechselnden Marktanforderungen an.
- Die API-Schnittstelle sollte es Entwicklern ermöglichen, in kürzester Zeit andere Systeme anzudocken. Vorgefertigte Konnektoren sind von Vorteil.
- Das Einfügen von neuen Daten und die Abänderung oder Aggregierung von bestehenden Daten sollte im PIM für Headless Commerce einfach sein.
Product Experience Management – der nächste Schritt?
Das Product Experience Management (PXM) ist eine Erweiterung des Konzeptes „PIM“. Dabei wird der Kunde in den Vordergrund gestellt und die Produktinformationen werden kontextualisiert . Das bedeutet also, dass nicht jeder Kunde dieselben Informationen bekommt, sondern dass die Präsentation und der Fokus der Informationen nach Kunden(-gruppen) passend geändert werden. Das kann schnell kompliziert werden: Unterschiedliche Produktbeschreibungen nach Geschlechtern, spezielle Produktauswahlen nach Endgerät – die Optionen sind endlos. Wenn Bild, Text oder Seitengestaltung für verschiedene Zielgruppen geändert werden sollen, lohnt sich eine Architektur im Sinne des Headless Commerce…