Laut einer Studie des Digitalverbands Bitkom von Anfang 2024 unter 600 befragten Unternehmen in Deutschland, sehen zwei Drittel das große Potenzial von KI, bei Routineaufgaben entlastet zu werden, sei es beispielsweise bei automatisierter Bearbeitung von Formularen oder personalisierter Kundenkommunikation. Ein Drittel der Unternehmen meint sogar, die Produktivität von Geschäftsprozessen werde durch KI deutlich steigen. Dem gegenüber stehen jedoch fast 80%, die erst einmal abwarten, welche Erfahrungen andere machen.
Woran mag diese Zurückhaltung in puncto Einsatz von KI zur Verbesserung der Workflow-Automatisierung liegen? Einerseits fehlt es an Know-How und Akzeptanz, so wie es bei bahnbrechenden Neuerungen häufig der Fall ist. Andererseits spielen Daten eine wichtige Rolle bei der Implementierung von KI. Und hier schlummert ungeahntes Potenzial. Nur 6 Prozent der deutschen Unternehmen greifen vollständig auf ihre Daten zurück, während 60 Prozent die Möglichkeit der Datennutzung gar nicht oder nur in geringem Maß ausschöpfen.
Wer im E-Commerce beheimatet ist, verfügt bereits über einen Datenschatz, der als Grundlage für eine Verbindung von KI und Workflow Automation zu enormen Effizienzsteigerung führen kann. Nachdem wir bereits in anderen Blogartikeln die Grundlagen von Workflow-Automatisierung und Software-Lösungen beschrieben haben, soll hier der Schwerpunkt auf fünf mögliche Einsatzszenarien von KI bei Workflow Automation gelegt werden.
Dabei konzentrieren wir uns auf die Fälle, bei denen mit Hilfe von KI Daten ausgewertet werden, als Input und Auslöser für einen Workflow. Welche Aufgaben kann KI hier übernehmen?
1. KI-gestützte Vorhersageanalytik
Einer der bahnbrechendsten Vorteile der KI im E-Commerce ist ihre Fähigkeit zur präzisen Vorhersage zukünftiger Markttrends und Kundenverhaltensweisen. Durch die Analyse großer Datenmengen können KI-Modelle Muster erkennen, die für menschliche Analysten nicht offensichtlich sind.
Im Gegensatz zu traditioneller Statistik sind KI-Methoden, insbesondere solche, die auf tiefen neuronalen Netzen basieren, hervorragend dafür geeignet, große Mengen an unstrukturierten Daten (wie Bilder, Text und komplexe Tabellen) zu verarbeiten und daraus Muster zu erkennen.
Diese Modelle können dann genutzt werden, um Lagerbestände dynamisch anzupassen oder Marketingstrategien proaktiv zu gestalten, bevor tatsächliche Veränderungen im Konsumentenverhalten eintreten. Bei einer zu erwartenden Nachfrage nach bestimmten Produkten erfolgen rechtzeitig automatisiert Nachbestellungen. Bevor ein Warenkorb abgebrochen, ein Abo gekündigt wird, kann mit einer automatisierten Nachricht mit einem Sonderrabatt bspw. einer Verhaltensänderungen gegengesteuert werden.
KI kann automatisierte Entscheidungsprozesse in einer Weise anbieten, die traditionelle Statistik oft nicht kann. Dies ist besonders nützlich in Echtzeitanwendungen wie z.B. bei der dynamischen Preisgestaltung, wo sofortige Analyse und Reaktion erforderlich sind.
Automatisierte Workflows, die auf diesen Vorhersagen basieren, ermöglichen Unternehmen, Ressourcen effizienter zu allokieren und auf Marktveränderungen schneller zu reagieren.
2. Personalisierung und Kundensegmentierung
KI bietet auch die Möglichkeit, Kundendaten so detailliert zu analysieren, dass eine hochpersonalisierte Einkaufserfahrung geschaffen wird. KI wird sozusagen der Reiseführer auf der Customer Journey. Dabei geht es darum, wie individuelles Nutzerverhalten und Präferenzen ausgewertet werden. Hier kann die KI spezifische Kundensegmente und Personas identifizieren und zielgerichtete Angebote generieren sowie automatisch auf unterschiedliche Touchpoints verteilen.
Mit Hilfe von maschinellem Lernen können Kaufhistorie, Klickverhalten und Interaktionen mit verschiedenen Kanälen ausgewertet werden, um versteckte Muster und Korrelationen in Kundenverhaltensdaten zu erkennen, die bei herkömmlichen Methoden oft übersehen werden. Damit können Personas aufgrund von Verhalten und nicht nur aufgrund demographischer Merkmale erstellt werden.
Workflow-Automatisierungen nutzen diese Informationen, um personalisierte Marketing-E-Mails, Produktvorschläge und Rabatte in Echtzeit zu versenden, was die Kundenzufriedenheit und -bindung erhöht.
3. Optimierung von Lager und Kommissionierung
KI kann auch dazu verwendet werden, um Lager und Kommissionierung zu optimieren. Dazu werden Daten benötigt zu Lagerbeständen und Lagerorten, historische Daten über die Häufigkeit des Pickens von Artikeln, Zeiten und Routen von Lagermitarbeitern sowie vorgegebene Maße und Layout der Lager, bzw. Hindernisse oder Bewegungseinschränkungen.
Bei welchen Entscheidungen kann eine KI-gestützte Datenanalyse helfen?
- Optimierung der Lagerauswahl
Wenn mehrere Lagerorte verfügbar sind, welches Lager ist am besten geeignet, um eine bestimmte Bestellung zu erfüllen? Dabei werden Faktoren wie die Nähe zum Kunden, die Verfügbarkeit des Produkts und die Lieferzeiten berücksichtigt. - Entscheidung zwischen Teillieferungen und Sammellieferungen
KI-Systeme können Kostenanalysen durchführen, um zu entscheiden, ob Teillieferungen aus verschiedenen Lagern kostengünstiger oder schneller sind als eine Sammellieferung aus einem einzigen Lager. Diese Analyse kann basierend auf aktuellen Frachtraten, der Dringlichkeit der Bestellung und der Verfügbarkeit von Produkten in verschiedenen Lagern automatisiert werden. - Minimierung der Wegzeiten
Durch die Analyse historischer Daten über die Wege, die Mitarbeiter innerhalb des Lagers zurücklegen, kann KI Muster erkennen und optimale Pfade für das Picken vorschlagen. Dies beinhaltet die Auswahl der kürzesten und effizientesten Route durch das Lager, was die Zeit für das Sammeln der Artikel minimiert und die Produktivität steigert. - Dynamische Anpassung von Arbeitslasten
KI kann auch verwendet werden, um Arbeitslasten dynamisch anzupassen. Basierend auf der aktuellen Auftragslage und der Verfügbarkeit von Mitarbeitern kann das System Aufgaben zuweisen oder neu verteilen, um Engpässe zu vermeiden und eine gleichmäßige Arbeitsverteilung sicherzustellen. - Verbesserung der Lagerlayout-Planung
Durch die kontinuierliche Analyse von Bewegungsdaten und Kommissionierungsmustern kann KI Empfehlungen für die Umgestaltung des Lagerlayouts liefern. Dies kann die Platzierung von hochfrequentierten Artikeln in leicht zugänglichen Bereichen oder die Neuanordnung von Ablagen umfassen, um die Effizienz zu verbessern.
4. Erkennung von Betrug und Anomalien
Im digitalen Handel ist die Betrugserkennung entscheidend für die Sicherheit von Transaktionen. KI-Systeme sind in der Lage, ungewöhnliche Muster und Anomalien in Echtzeit zu identifizieren, was eine sofortige Reaktion auf potenzielle Betrugsfälle ermöglicht.
Maschinelles Lernen als Teilbereich von KI wird mit historischen Daten zu Transaktionen, Anmeldedaten, Lieferadressen, Gerätedaten, Kaufverhalten trainiert, um Muster zu erkennen. Trainierte Algorithmen lernen aus jeder Transaktion und passen sich an, um zukünftige Betrugsfälle besser erkennen zu können.
Automatisierte Workflows können auf Basis dieser Informationen Maßnahmen einleiten, bevor größere Schäden entstehen.
KI-gesteuerter Input für Workflow Automation braucht gute Daten
In vielen der genannten Bereiche wurden in der Vergangenheit erstaunliche Ergebnisse auf Basis von traditioneller Statistik erreicht. Der vielleicht größte Vorteil von KI-gesteuerten Workflows liegt in ihrer Fähigkeit, aus neuen Daten kontinuierlich zu lernen und sich anzupassen. Dies ermöglicht es eCommerce-Plattformen, ihre Suchalgorithmen, Produktempfehlungen und Kundensupport-Strategien ständig zu verbessern, um den sich ändernden Kundenanforderungen gerecht zu werden.
Die Voraussetzung für einen brauchbaren Output, der wiederum Workflows anstößt, ist eine gute Datenbasis. Je größer und qualitativ hochwertiger die Datengrundlage, desto aussagekräftiger sind die Ergebnisse. In Szenarien, in denen nur begrenzte Daten verfügbar sind, müssen möglicherweise zusätzliche Strategien wie Data Augmentation oder Transferlernen in Betracht gezogen werden, um die Leistung der KI-Systeme zu verbessern.
Hinzu kommt, dass bei kundenbezogenen Daten besondere Vorsicht im Sinne der DSGVO geboten ist. Doch selbst mit kundenunabhängigen Daten, bspw. mit Produktdaten, Preisen, Auftragsdaten, Lagerbeständen, etc. können wichtige Muster erkannt werden und Effizienz gesteigert werden.
Ein Beispiel: Hublify identifiziert mit Machine Learning kundenindividuelle Produktempfehlungen
Anstatt eines allgemeinen Newsletters möchte der saisonabhängige Online-Shop gartenfachmarkt24.de kundenspezifische Produktempfehlungen integrieren, um die Saure-Gurken-Zeit mit mehr Umsatz auszugleichen. Mit Hilfe von Machine Learning werden Produktdaten, Kaufhistorie, Preissensibilität von Kunden analysiert und daraus personalisierte Produktempfehlungen für den Newsletter generiert. Wie das mit Hublify umgesetzt wurde erfährst du hier im Referenz-Case.