Wieviel bleibt wirklich hängen, wenn du ein Produkt verkaufst? Wir sprechen nicht von Umsatz oder theoretischer Marge, sondern vom tatsächlichen Deckungsbeitrag – also dem Betrag, der nach Abzug der variablen Kosten übrig bleibt, um deine Fixkosten zu decken und Gewinne zu erwirtschaften.
Gerade in wettbewerbsintensiven E-Commerce-Märkten wird diese Kennzahl oft unterschätzt. Dabei ist sie ein zentraler Hebel, um dein Sortiment zu optimieren, Preisstrategien abzusichern und Marketingbudgets effizient einzusetzen.
In diesem Beitrag werfen wir einen praxisnahen Blick auf:
- 7 häufige Denkfehler im Umgang mit der Deckungsbeitragsrechnung,
- 8 Wahrheiten, wie du die DBR sinnvoll nutzt,
- konkrete Anwendungstipps für verschiedene Geschäftsmodelle wie Dropshipping, D2C und Marktplatzverkauf.
Was ist Deckungsbeitragsrechnung – und warum brauchst du sie als E-Commerce-Profi?
Der Deckungsbeitrag (DB) zeigt dir, wie viel von deinem Verkaufspreis nach Abzug der variablen Kosten bleibt.
Einfache Formel:
Deckungsbeitrag = Verkaufspreis – variable Kosten
Zu den variablen Kosten zählen zum Beispiel:
- Einkaufspreis (Wareneinsatz)
- Plattformgebühren (z. B. Amazon FBA, eBay)
- Zahlungsgebühren (PayPal, Stripe, etc.)
- Versandkosten
- anteilige Retourenkosten
Wofür du die DBR nutzen kannst:
- zur Bewertung einzelner Produkte
- für Kanalvergleiche
- zur Preiskalkulation
- zur Budgetsteuerung bei Ads
- um festzustellen, ab welchem Punkt du rentabel arbeitest
Die 7 häufigsten Irrtümer bei der Deckungsbeitragsrechnung im E-Commerce
1. Positiver Deckungsbeitrag ≠ Gewinn – Verwechsle Beitrag und Ergebnis nicht
Ein häufiger Trugschluss: Ein Produkt mit 10 € DB ist automatisch profitabel. Doch Fixkosten wie Tools, Lager, Personal oder Marketingkampagnen müssen davon noch bezahlt werden.
Beispiel: Ein Accessoire wird für 29 € verkauft, übrig bleiben 9 € DB. Wenn deine Fixkosten 3.000 € betragen, brauchst du 334 Verkäufe, nur um kostendeckend zu arbeiten.
2. Durchschnittsdeckungsbeiträge führen in die Irre
Ein guter Durchschnitts-DB kann trügen. Wenn ein Topseller mit 45 % Marge zehn andere Produkte mit 5–10 % überstrahlt, kann dein Gesamtergebnis dennoch schwach sein. Nur differenzierte DB-Analysen liefern dir ein realistisches Bild.
3. Der Engpass wird ignoriert
In der Theorie zählt der höchste absolute DB. In der Praxis limitiert dich oft etwas anderes – z. B. Lagerfläche, Werbebudget oder Packkapazität. Hier zählt der DB pro Engpasseinheit (z. B. DB pro Minute oder DB pro Euro Werbekosten).
Ein Beispiel: Du hast eine D2C-Brand mit personalisierten Artikeln, und die Gravur dauert pro Stück 10 Minuten. Artikel A bringt 10 € DB, Artikel B 7 €, benötigt aber nur 3 Minuten Gravurzeit.
Ergebnis: Artikel B bringt mehr DB pro Minute – und ist unter Kapazitätsengpässen wirtschaftlicher.
4. Fixkosten laufen mit – oder doch nicht?
Fixkosten sind nicht immer „eh da“. Es gibt:
- Produktfixe Kosten (z. B. Verpackungsgestaltung)
- Bereichsfixe Kosten (z. B. Kampagnenkosten für den Online-Shop)
- Unternehmensfixe Kosten (z. B. Miete, Admin-Tools)
Je nach Entscheidung können sie ganz oder teilweise entfallen – was deine DB-Betrachtung dynamischer macht.
5. Langfristige Entscheidungen auf Basis kurzfristiger Deckungsbeiträge
Sortimentserweiterung? Neue Zielgruppe? Dafür brauchst du mehr als nur kurzfristige DBs. Du musst auch Investitionen, Anlaufverluste und Markteintrittskosten berücksichtigen.
Beispiel:
Du startest einen neuen Produktbereich. Im ersten Monat sind die variablen Kosten hoch, weil du kleine Mengen einkaufst. Ein negativer DB ist kurzfristig okay, wenn du eine langfristige Skalierbarkeit siehst.
6. Variable Kosten werden falsch zugeordnet
Nicht jede Ausgabe, die regelmäßig vorkommt, ist automatisch variabel. Performance-Marketing-Kosten sind nur dann variabel, wenn sie direkt mit einem Produkt oder Sale verknüpft sind. Brand-Kampagnen oder Influencer-Kooperationen fallen eher in den Bereich fix oder gemischt-fix.
7. Preisstrategie ohne Nachfrageeffekte
„Mehr Preis = mehr Deckungsbeitrag“ stimmt nur, wenn die Nachfrage gleichbleibt. In der Praxis sinkt bei höheren Preisen oft die Conversion Rate. Eine Deckungsbeitragssimulation mit realistischen Absatzerwartungen liefert dir hier bessere Entscheidungen.
8 Wahrheiten – Wie du mit Deckungsbeiträgen dein Unternehmen steuerst
1. Deckungsbeiträge als Frühwarnsystem nutzen
Wenn dein Umsatz stabil bleibt, aber der Gewinn schrumpft, lohnt sich ein Blick in die DB-Entwicklung. Steigende Einkaufspreise, Versandkosten oder neue Plattformgebühren wirken sich sofort auf deinen Deckungsbeitrag aus – und zeigen sich oft früher dort als im Gewinn.
Tipp: Baue ein Dashboard mit DB pro Produkt und Monat. Sobald der DB pro Stück sinkt, bekommst du ein Warnsignal – und kannst z. B. mit dem Lieferanten neu verhandeln oder deine Pricing-Strategie anpassen.
2. Gewinnerprodukte erkennst du im Kanalvergleich
Viele E-Commerce-Unternehmen berichten kanalübergreifend Umsatz und ROAS. Das Problem: Nicht jeder Kanal trägt gleich viel zur Fixkosten-Deckung bei.
Ein Sale über deinen Shopify-Shop mag 10 € DB bringen, während ein vergleichbarer Amazon-Sale – wegen Gebühren, Retouren und Payment-Kosten – nur 3 € bringt.
Tipp: Berechne den DB pro Kanal und Produkt. So kannst du gezielt Push-Kanäle priorisieren.
3. Werbebudget am Deckungsbeitrag ausrichten – nicht am ROAS
ROAS blendet variable und Fixkosten oft aus. Rechne besser rückwärts:
Wie viel darf dich ein Sale kosten, damit du deinen Ziel-DB erreichst?
Beispiel: Wenn du 8 € DB pro Bestellung erzielen willst, kalkuliere deine maximalen Ads-Kosten so, dass dieser Wert nach Abzug aller variablen Kosten stehen bleibt.
Ziehe Wareneinsatz, Versand, Plattformgebühren und Zahlungsgebühren ab. Was übrig bleibt, ist dein maximal zulässiger Werbekostenbetrag pro Sale.Das nennt sich Break-Even Cost per Acquisition (CPA) auf DB-Basis – und ist deutlich genauer als ROAS.
4. Fixkosten gezielt decken – durch smartes DB-Management
Fixkosten (Tools, Gehälter, Agenturen, Lagerkosten) müssen jeden Monat gedeckt werden – völlig unabhängig vom Umsatz. Die DBR zeigt dir, wie viele Produkte du verkaufen musst, um diese Kosten zu tragen.
Praxis-Tipp:
Erstelle eine Tabelle mit deinen monatlichen Fixkosten und dem durchschnittlichen Deckungsbeitrag pro Bestellung. Daraus ergibt sich dein:
Break-even-Absatz = Fixkosten / durchschnittlicher DB pro Bestellung
Erhöhe deinen DB pro Bestellung z. B. durch Bundles oder Upsells, pauschale Versand- oder Rückversandkosten.
5. Retouren als versteckter DB-Killer
Oft werden Retouren in der DBR nur am Rande berücksichtigt. Dabei verursachen sie Kosten (Versand, Prüfung, Wertminderung) und Aufwand (Lager, Kundenservice).
Tipp: Berechne den „effektiven Deckungsbeitrag“ nach Retoure:
Effektiver DB = DB × (1 – Retourenquote) – Ø Retourenkosten
So erkennst du, welche Produkte oder Kanäle wirklich profitabel sind. In diesem Artikel erfährst du, was du tun kannst, um deine Retourenquote zu verringern: So gehst du im Dropshipping effizient mit Retouren um.
6. Preisstrategie datenbasiert steuern
Viele E-Commerce-Unternehmen machen Preisentscheidungen nach Bauchgefühl oder Wettbewerbsbeobachtung. Klüger ist: Simulation auf DB-Ebene.
Praxis-Tipp:
Erstelle ein Excel-Modell oder BI-Dashboard:
- Simuliere Verkaufspreise + Absatzprognosen
- Trage variable Kosten ein
- Beobachte, wie sich der Gesamtdeckungsbeitrag bei verschiedenen Preispunkten entwickelt
Finde den Sweet Spot aus Conversion Rate, Stückdeckungsbeitrag und Volumen.
7. Engpassbasierte Deckungsbeitragsrechnung
In der Theorie mag ein Produkt mit 12 € DB attraktiver wirken als eines mit 8 €. Aber wenn es doppelt so viel Zeit beim Pick & Pack braucht, relativiert sich das.
Die Deckungsbeitragsrechnung pro Engpasseinheit – z. B. Zeit, Lagerplatz, Budget – ist extrem wichtig, wenn deine Ressourcen limitiert sind.
Berechne also:
- DB pro Minute Packzeit
- DB pro Lagerplatz
- DB pro Euro Werbebudget
So kannst du z. B. in Peak-Zeiten wie Q4 bewusst Produkte priorisieren, die bei knappen Ressourcen mehr Profit bringen.
8. DB als zentrales Steuerungsinstrument
Deckungsbeiträge sind nicht nur etwas fürs Monatsreporting. Nutze sie aktiv:
- bei jedem Produktlaunch
- bei jeder Kampagnenkalkulation
- als Grundlage deiner Preis- und Budgetentscheidungen
Richte dein KPI-Set so aus, dass der DB regelmäßig betrachtet wird.
So nutzt du Deckungsbeiträge zur Unternehmenssteuerung
Je nachdem, ob du via Dropshipping / Streckengeschäft, als Verkäufer auf einem Online Marktplatz oder mit eigenem Direct-to-Consumer (D2C)-Shop verkaufst, ist der Fokus der Steuerung mit der Deckungsbeitragsrechnung ein anderer.
Für Dropshipping-Händler
Herausforderungen:
- Kaum Kontrolle über Einkaufspreise
- Geringe Margen
- Volatile Logistikkosten
So nutzt du DBR:
- DB je Produkt laufend tracken, da sich Einkaufspreise oder Liefergebühren kurzfristig ändern.
- Nutze DB als Grenze für Werbekosten: Wenn du 5 € DB hast, kannst du maximal 5 € pro Bestellung an Ads investieren, um auf Null zu bleiben.
- Vermeide Produkte mit <3 € DB – die Schwankungstoleranz ist dort minimal.
- Nutze Bundles zur Erhöhung des DB pro Bestellung – damit deine Fixkosten (Shop-Tools, Ads) besser abgefedert werden.
Kanal-Tipp: Nutze den eigenen Shop statt Marktplätze – wegen geringerer Gebühren und mehr Pricing-Flexibilität.
Für Marktplatz-Verkäufer (z. B. Amazon, eBay, Kaufland)
Herausforderungen:
- Hohe Plattformgebühren
- Eingeschränkte Kontrolle über Branding und Preisgestaltung
- Häufig hohe Retourenquoten
So nutzt du DBR:
- DB pro Marktplatz ermitteln – oft bringt derselbe Artikel auf eBay mehr DB als auf Amazon, obwohl der Umsatz niedriger ist.
- Berechne den Deckungsbeitrag nach Retouren (besonders bei Mode & Technik).
- Analysiere den DB pro Kategorie und reduziere unprofitable Sortimente aktiv.
- Nutze FBA-Gebührenerhöhungen als Trigger für eine DB-Neuberechnung.
- Integriere Marktplatz-spezifische Werbekosten (z. B. Amazon Sponsored Products) in deine DB-Betrachtung.
Tipp: Mach regelmäßig ein Ranking nach DB pro SKU und Kanal, nicht nach Umsatz!
Für D2C-Brands mit eigenem Online-Shop
Herausforderungen:
- Höhere Marketingausgaben
- Eigenes Fulfillment
- Oft hohe Fixkosten durch Branding, Agenturen, Tools
So nutzt du DBR:
- DB pro Produktlinie analysieren – Wo verdienst du wirklich? Nicht alles, was sich gut verkauft, ist profitabel.
- Verteile Fixkosten auf Basis des Deckungsbeitragsanteils – so kannst du besser steuern, welche Produkte die Kosten tragen.
- Nutze DB als Entscheidungsbasis für:
- Rabattaktionen
- Produktentwicklung
- Influencer-Budgets
- Baue DB-orientierte Performance Ads-Strategien: z. B. Zielwert: „mind. 10 € DB pro Bestellung nach Ad Spend“.
- Führe regelmäßige Profitabilitätsreviews pro Kampagne durch: Conversion Rates alleine reichen nicht!
Tipp: Kalkuliere deinen Customer Lifetime DB – nicht nur den ersten Sale. Hier kannst du den Customer Lifetime Value (CLV) als Key Performance Indicator (KPI) mit dem Deckungsbeitrag verknüpfen und eine Profitabilität für die gesamte Lebensdauer einer Kundenbeziehung ermitteln.
Ob Dropshipping, Marktplatz oder D2C – die Regeln sind dieselben:
- Tracke deinen DB pro Produkt, Bestellung, Kanal.
- Plane Budgets und Preise auf Basis realer Beiträge, nicht Annahmen.
- Nutze Engpass-, Bundle- und Lifetime-Analysen zur Optimierung.
Fazit: Die Deckungsbeitragsrechnung ist kein Excel-Spiel – sie ist dein zentraler Steuerungshebel, vorausgesetzt die Datenintegration klappt
Wenn du als datengetriebener Online-Händler oder E-Commerce-Entscheider dein Business langfristig profitabel steuern willst, solltest du möglichst viele Datenquellen anzapfen, um sämtliche Kosten in deiner DBR zu berücksichtigen: Shopsystem, Warenwirtschaft, Logistik, Payment, Marktplätze. Um genau herauszufinden, wo die Margenvernichter liegen, helfen dir BI-Lösungen, die Deckungsbeiträge auf verschiedensten Ebenen in Echtzeit berechnen und dir Handlungsbedarf anzeigen.
In Hublify kannst du alle Daten verwalten, entweder über API aus anderen Systemen importieren oder originär mit den Hublfiy Apps arbeiten, die den gesamten Commerce Prozess abdecken. Über alle Apps hinweg kannst du mit Hublify Analytics genaue Profitablitätsrechnungen oder Dashboards erstellen, die dir zeigen, wo dein echtes Geld verdient wird – und wo du es verbrennst.