Orientierung im Dschungel

KPIs im eCommerce: Worauf du achten solltest

Die Wahl deiner KPIs hängt von der Zielsetzung ab

Auch im eCommerce richtet sich der Einsatz von KPIs und Analytics komplett nach der eigenen Zielsetzung. Wie definiere ich Erfolg oder gute Leistung? Will ich beispielsweise Kundenzufriedenheit steigern, stellen sich sofort die Fragen: Wodurch drücken sie ihre Zufriedenheit aus? Wann sind meine Kunden zufrieden? Welche Erwartungen kann und will ich bedienen, um die Zufriedenheit bei meinen Kunden zu erzeugen?

Je konkreter das Ziel, desto leichter fällt am Ende das Messen der Zielumsetzung. Hilfreich hierbei ist es, einem Hauptziel untergeordnete Ziele zuzuordnen: Die Kundenzufriedenheit wird etwa erhöht, wenn die Lieferung pünktlich und ohne Fehler über die Bühne geht oder wenn ein Stammkunde besondere Anreize durch Rabatte oder andere Goodies bekommt. Auch kostenlose Retouren könnten zur Zufriedenheit beitragen - doch möglicherweise hast du dich bewusst dagegen entschieden, weil die damit verbundenen Kosten einem anderen Ziel, Best-Price-Anbieter zu sein, entgegenstehen.



Wie kannst du deine Ziele messen?

Im Allgemeinen gilt es, einen Erfolgsindikator (KPI) SMART zu definieren, also…

  • Spezifisch: Durch eine genaue Beschreibung und Sub-Ziele gelingt es dir zu formulieren, was du willst.
  • Messbar: Überlege dir, welche Möglichkeiten es gibt, um dein KPI zu messen und ob du darauf Zugriff hast.
  • Attraktiv: Das KPI soll relevant und nachvollziehbar sein, ansonsten verlieren alle, die dafür arbeiten, die Motivation, etwas dafür zu tun.
  • Realistisch: Das KPI soll eine Herausforderung aber keine Überforderung sein, denn nichts ist demotivierender als unerfüllbare Ziele.
  • Terminiert: Lege fest, wann dein KPI erfüllt sein soll. In welchem Zeitraum möchtest du die Kundenzufriedenheit steigern?

Übertragen auf das Beispiel der Kundenzufriedenheit im eCommerce könnte ein SMARTes Ziel lauten: „Ich erhöhe meine Kundenzufriedenheit, indem ich dafür sorge, dass im Vorweihnachtsgeschäft, also von November bis Ende Dezember, 90% der Lieferungen innerhalb der bei der Bestellung versprochenen Lieferzeit beim Kunden ankommen und eine Fehlertoleranz <5% aufweisen.“


Welche eCommerce KPIs gibt es? Welche sind für dich relevant? 

Im eCommerce und Marketing finden sich folgende Kennzahlen am häufigsten:

  • Wiederkaufrate: Wie hoch ist die Rate von Kunden, die erneut kaufen?
  • Kaufhäufigkeit (Time between Purchase): Wie groß sind die Intervalle zwischen Wiederkäufen?
  • Kundenbindungsrate (Retention Rate): Wie entwickelt sich die Rate unserer aktiven Kunden?
  • Kundenverlustrate ((Customer) Churn Rate): Wie viel Kunden sind in dem Zeitraum abgewandert?
  • Durchschnittlicher Bestellwert (Average Order Value): Wie hoch ist die durchschnittliche Bestellung auf unserer Website?
  • Profitabilität pro Bestellung (Profitability per Order): Wie hoch ist die durchschnittliche Marge pro Bestellung?
  • Retourenquote: Wie hoch ist die Rate der Retouren unserer Produkte? Wie stark wird der durchschnittliche Bestellwert gemindert?
  • Kundenwert (Customer Lifetime Value): Welche meiner Kunden sind auf lange Sicht die (nach Umsatz) wertvollen Kunden?

Im Hublify Glossar findest du Details zu den üblichen KPIs.

Kennzahlen und Erfolgsananlyse im eCommerce: Worauf solltest du achten?

Wir wissen jetzt, wie wir unsere Kennzahlen definieren, und wie wir unsere Ziele messen können. Rund um das Thema eCommerce Analytics gibt es allerdings auch einige Fallen, auf die du achten solltest:

Was gute KPIs dennoch aushebeln kann

Auf die Ausformulierung der Ziele kommt es also an. Dabei geraten Modelle wie die SMART-Methode aber auch an ihre Grenzen. Denn wer kann schon im eCommerce mit Bestimmtheit sagen, wodurch genau Kundenzufriedenheit gesteigert wird? Dazu bedürfte es Umfragen und genaueren Kundenzufriedenheitsanalysen. Die Methode hilft dir also nicht bei der Zielfindung, sondern bei der Zielformulierung.

Häufig spielen bei der Zielerfüllung von KPIs im eCommerce Faktoren eine Rolle, die du nicht beeinflussen kannst, auch wenn deine Ziele SMART definiert sind. Wenn während der Vorweihnachtszeit auf einmal ein flächendeckender Streik oder ein Schneesturm das gesamte Logistiknetz ins Schleudern bringt, hast du schnell deine Ziele bezüglich Retourenquote oder Lieferzeit verfehlt.

Lieber wenige, dafür spezifische Kennzahlen

Der erste Schritt ist erledigt, uns ist bewusst, dass Key Performance Indicators gemäß Unternehmenszielen SMART festgelegt werden müssen. Abgehakt.

Oder auch nicht. Denn schon bei der Auswahl der KPIs gibt es bereits einige Stolpersteine.

Anstatt sich die Mühe zu machen, Ziele zu formulieren, bzw. die Unternehmensziele zu verstehen und für den Fachbereich herunterzubrechen, wird auf standardisierte KPIs zurückgegriffen, die sich im Internet tummeln. Listen mit gebräuchlichen KPIs für jedes Wirkungsfeld können nützlich und inspirierend sein, wie z.B. die aus Eric T. Petersons „The Big Book of Key Performance Indicators“. Es bleibt es einem trotzdem nicht erspart, die eigenen Ziele, Prozesse und den Sinn und Zweck der KPIs zu verstehen.

Achtung, nicht alle Kennzahlen sind key! Es geht nicht um die Anzahl der Metriken, sondern um ihre Relevanz. Mit einer Handvoll spezifischer KPIs kommt man wesentlich weiter als mit einer Liste von allgemeinen Indikatoren. Je individueller ein KPI formuliert ist, desto wirkungsvoller sind die Analytics für das eigene Unternehmen. Allerdings heißt individueller auch häufig aufwändiger. Und dieser sollte auf jeden Fall im Verhältnis zum Nutzen stehen.

Möchte ein Shop-Betreiber etwa die Preissensibilität von Neukunden analysieren, um zu überprüfen, wie luxus-affin seine Zielgruppe ist, so könnte sein KPI lauten: Anzahl der Kaufabbrüche von Neukunden bei Warenkörben > 500€, wobei mind. 3 Artikel >100€ aus der Kategorie „Luxus-Line“ stammen. Die meisten Analyse-Tools bieten zwar standardmäßig einen KPI „Warenkorbabbruchrate“, doch eine durchschnittliche Abbruchrate gibt uns deutlich weniger Informationen als eine Rate für bestimmte Gruppen, z.B. der Besucher unserer Website.

Doch mit welchem Aufwand wäre dieser KPI zu verknüpfen mit bestimmten Kunden, Produkten und Preisen?

Wechselwirkungen und Zusammenhänge zwischen KPIs berücksichtigen

Spezifische KPIs dienen dazu, bestimmte Ziele effizient umzusetzen. Es darf aber niemals der Kontext übersehen werden. Ein Beispiel: soll die Werbewirksamkeit einer bestimmten Marketing-Kampagne überprüft werden, so wird häufig die Conversion Rate als KPI herangezogen. Wie viele Interessenten reagieren auf ein Adword und kaufen das mit einem Sonderrabatt versehene Produkt?

Es wäre zu kurz gegriffen, eine hohe Conversion Rate als Zielerfüllung zu verbuchen. Denn wirklich erfolgreich ist die Aktion nur, wenn die Kunden, die so gewonnen werden, auch über einen längeren Zeitraum einen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten (ROI & CLV) und nicht durch hohe Retouren, Rabattschlachten oder Zahlungsversäumnisse auffallen.

Auf die richtige Interpretation kommt es an

Die Wahl der passenden KPIs ist eine Sache. Die Interpretation der Ergebnisse eine andere. Für die Auswertung von Marketing-Kampagnen wird neben der Conversion Rate häufig auf die Click-Through-Rate (CTR) geachtet, um herauszufinden, welcher Kanal die meisten Besucher auf eine Landing Page gebracht hat. Ein Werbeformat auf Facebook könnte zwar eine höhere CTR für den Onlineshop auf unserer Website erzeugen als Aufrufe via Google. Betrachtet man allerdings die Verweildauer der Besucher auf der Landing Page unserer Shop-Website, dann bleiben Instagram-Besucher 30% länger auf der Website als Facebook-Besucher. Das Budget in Zukunft aufgrund der CTR-Ergebnisse der Besucher auf Facebook zu konzentrieren wäre eine falsche Schlussfolgerung. Hier kann auch der durchschnittliche Bestellwert oder die Retourenquote ausschlaggebend sein.

Seit kurzem kommt im eCommerce künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz, um die ständig steigenden Daten von Besuchern, möglichen Kunden, zu analysieren und das Verhalten der Besucher zu interpretieren und vorherzusagen. Allerdings leistet KI heute meistens nur eine Aufdeckung von Mustern und Zusammenhängen für einen bestimmten Datensatz. Um diesen richtig zu interpretieren, bedarf es häufig noch Expertenwissen oder eines individuellen Blicks auf den Kunden.

Was ist das Motiv bei einer Bestellung bestimmter Produkte? Wenn beispielsweise Anfang April in Hamburg ungewöhnlich viele Neopren-Anzüge für Kinder zwischen 8 und 10 Jahren bestellt werden, kann es sein, dass sich Kinder und deren Eltern für die neue Segelsaison wappnen. Genauso könnten mehrere Schulen eine Klassenfahrt mit Wassersport-Angebot planen und einen Neopren-Anzug auf die Packliste setzen, was einen Anstieg besagter Bestellungen auslöst. Die Annahme, dass sich nun alle Familien für Wassersport interessieren und auch die nächsten Größen bestellen werden, wäre somit ein Trugschluss.

Die für dich wichtigen Kennzahlen erkennen

Es gibt viele Möglichkeiten, anhand derer du die Umsetzung deiner Ziele messen kannst. Doch welche Kennzahlen sind tatsächliche KEY Performance Indicators? So wichtig, dass sie der Schlüssel zum Erfolg werden?

Die Zufriedenheit der Kunden kannst du mit Blick auf Kundenbewertungen, die Wiederkaufrate, die Retourenquote sowie die Reklamationsquote oder die Kundenverlustrate bewerten oder mit KPIs wie den NPS, CSAT oder CES messen. Du kannst eigens Umfragen erstellen oder dein Call Center auswerten lassen. Du kannst die Zufriedenheit aber auch steigern,indem du dem jeweiligen Kunden die Möglichkeit einräumst, den Lieferdienst frei zu wählen. So entscheidet dieser selbst über die letzte Meile - und erhält die Bestellung auf die Art und Weise, derer erfahrungsgemäß am ehesten eine pünktliche Lieferung zutraut.

Welche Faktoren für dich wahre KPIs sind, musst du dementsprechend selbst herausfinden, auch wenn es je nach Branche oder Fachbereich bewährte KPIs gibt. So werden Produktbewertungen bei Amazon nach dem Skandal der Fake-Bewertungen wohl kein valider KPI für echte Kundenzufriedenheit sein.

Wie behalte ich den Überblick über meine KPIs?

Mit der Auswahl der KPIs stellt sich die Frage, wie häufig ich messe und wie ich den Überblick über die abgefragten Werte behalte. So sollte in unserem Beispiel die Sendungsnachverfolgung am besten in Echtzeit im Auge behalten werden, um zeitkritische Sendungen möglichst früh zu erkennen. Ob es jedoch notwendig ist, alle Daten in Echtzeit auszuwerten, sei dahingestellt.

Idealerweise stellst du dir für deine Zielerfüllung dein eigenes Dashboard zusammen, indem du alle KPIs auf einem Blick über einen gewünschten Zeitraum visualisierst. Dabei gilt die Faustregel „weniger ist mehr“. Reduziere die Farben, Inhalte und dargestellten KPIs auf das Minimum, denn eine schnelle Aufnahme der Informationen ist das A und O von guten Dashboards. Schließlich kannst du deine Dashboards mit deinem Team oder anderen Interessierten teilen, so dass nicht nur du den Überblick behältst, sondern alle, die es betrifft.

Ohne praktische Handlungsempfehlungen verpufft die Wirkung von KPIs

Es zeigt sich also, dass reine Zahlen nur der erste Schritt sind. Wichtiger ist es, diese Ergebnisse mit anderen Zeiträumen, anderen Produktkategorien, Zielgruppen, etc. zu vergleichen und sich folgende Fragen zu stellen: Ist eine gewisse Customer Journey, eine Abfolge von Kundenhandlungen, zu erkennen? Kann daraus geschlossen werden, welche Ereignisse welche Aktionen hervorgerufen haben? Wo bestehen Zusammenhänge zwischen Ereignissen?

Wenn also die Retourenquote hoch ist, müssen wir davon ausgehend Handlungsempfehlungen für uns entwickeln. Wieso schicken die Kunden die Produkte wieder zurück? Ist die Rate höher bei einem bestimmten Segment unserer Kunden? Dann ergeben die Nutzung von Analytics & KPIs Sinn, denn so können wir unsere Kunden verstehen und das Erlebnis für unsere Kunden verbessern.

Dabei ist darauf zu achten, dass nicht zu viele Veränderungen initiiert werden, sonst wird es schwierig nachzuvollziehen, welche Wirkung deine Korrektur erzielt. Jetzt können KPIs für das verwendet werden, wozu sie bestimmt sind, nämlich zur Steuerung! Und das ganze Spiel geht wieder von vorne los…

Eine ganz schön komplexe Sache: Inzwischen bestimmen ca 20 Touchpoints und 2,9 Devices die Customer Journey, bis es letztendlich zum Kaufvollzug kommt. Eine umfassende Sicht auf den Kunden gelingt also nur, wenn kanalübergreifend analysiert wird, Zusammenhänge erkannt und entsprechende Maßnahmen wieder kanalübergreifend umgesetzt werden. Und wer soll das mit welchem Tool steuern?

Titelbild von karljkhedin / Unsplash
Letzte Aktualisierung: 16.04.2024
Autorenprofil

Begleiterin der ersten Schritte in die Digitalisierung aus Software-Perspektive. Interdisziplinärer Background mit Leidenschaft für eCommerce, kommunikative Pointe und kreative Ideen.

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